Seit dem 7. Oktober schweigt ein Großteil der deutschen Zivilgesellschaft zu den katastrophalen Todeszahlen in den besetzten palästinensischen Gebieten, obwohl der Internationale Gerichtshof entschieden hat, dass es plausibel ist, dass Israel Handlungen begangen hat, die gegen die Völkermordkonvention verstoßen. Dieses Schweigen verrät in gewisser Weise die Angst, nach der vagen Logik der deutschen Staatsräson und/oder der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der IHRA als antisemitisch gebrandmarkt zu werden. Parallel zu dieser breiten Zurschaustellung vorauseilenden Gehorsams wurden Palästinenser*innen, progressive jüdische Menschen und ihre Verbündeten mit unersättlicher Häufigkeit zum Schweigen gebracht, ihnen öffentliche Plattformen verweigert, stigmatisiert (und manchmal sogar kriminalisiert). Es gibt eine Reihe von antidemokratischen Maßnahmen, die ergriffen wurden (oder in Vorbereitung sind), um gewaltfreie Meinungsäußerungen zu unterdrücken und zu zensieren, die sich zwar im Rahmen der Verfassung bewegen, aber dem zunehmend dogmatischen Diskurs, der von der deutschen politischen Klasse aufrechterhalten wird (und der mit beunruhigender Konsequenz in weiten Teilen der deutschen Presselandschaft reproduziert wird), zuwiderlaufen.

Die Teilnehmer*innen des Symposiums werden darüber nachdenken, wie die wahrgenommenen und/oder tatsächlichen Einschränkungen der Meinungs-, Kunst-, Versammlungs- und akademischen Freiheit zu einer Normalisierung repressiver Einstellungen und Maßnahmen gegenüber einer Reihe diskriminierter Minderheiten geführt haben, die in Deutschland allzu oft als „anders“ angesehen werden - ebenso wie gegenüber Intellektuellen, Künstler*innen, Aktivist*innen, Journalist*innen und Student*innen.

 

Schweigen kann verschiedene Formen annehmen. Es kann erzwungen oder selbst gewählt sein. Es kann das Ergebnis von sozialem, ideologischem oder juristischem Zwang sein. Es kann tiefe Gleichgültigkeit verraten oder tiefes Mitgefühl verbergen. Es kann ein notwendiges Instrument der Selbsterhaltung sein. Inwieweit haben Mechanismen des Schweigens und damit verbundene Ausgrenzungsdiskurse unter dem Deckmantel politischer Initiativen, die mehr Sicherheit für jüdisches Leben in Deutschland und darüber hinaus versprechen, an Unterstützung gewonnen? Inwieweit werden ohnehin schon stark von Vorurteilen geprägte Gemeinschaften durch hitzige Diskurse über Israel-Palästina, die die Öffentlichkeit weiter polarisieren, zunehmend verwundbar? Wie können wir zusammenarbeiten, um das repressive Schweigen zu brechen?

 

„The Big Chill“ wird von Candice Breitz kuratiert. Das Symposium wird von der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig mit großzügiger Unterstützung der Spore Initiative finanziert.

Candice Breitz, Never Again (200 watermelons), 2024.
Photo: Armin Marewski

11:00 Uhr – 14:00 Uhr

ARTEN DES SCHWEIGENS

 

[ Morgenblock ]

 

11:00  Einleitende Worte / Candice Breitz (EN)

 

11:30  Keynote / Nadezda Krasniqi (DE)

 

12:00  Drei Perspektiven: Arten des Schweigens

 

12:00 Perspektive / Yasmeen Daher (EN)

12:20 Perspektive / Charlotte Wiedemann (EN)

12:40 Perspektive / Michael Rothberg (EN)

13:00 Gespräch zwischen den Redner*innen, moderiert von Daniel Bax

 

Der Vormittagsblock wird Beiträge in deutscher und englischer Sprache enthalten.

Es wird keine Übersetzung angeboten.

 

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14:00: Mittagspause

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15:30 – 18:00 Uhr

MECHANISMEN DES SCHWEIGENS

 

[ Nachmittagsblock ]

 

15:30  Keynote / Michael Barenboim (EN)

 

16:00  Drei Perspektiven: Mechanismen des Schweigens

 

16:00 Perspektive / Jerzy Montag (DE)

16:20 Perspektive / Nahed Samour (DE)

16:40 Perspektive / Alexander Gorski (DE)

17:00 Gespräch zwischen den Redner*innen moderiert von Pauline Jäckels

 

Der Nachmittagsblock wird Beiträge in deutscher und englischer Sprache enthalten.

Es wird keine Übersetzung angeboten.

 

 

Weitere Informationen: https://spore-initiative.org/en/programming/participate/the-big-chill