Chipko
Ich habe den Himalaya schon immer geliebt. Ich bin an seinen Ausläufern aufgewachsen und habe später viele seiner wunderschönen Landschaften durchquert, die gewaltigen Gletschergipfel, die üppigen Wiesen voller magischer einheimischer Blumen und vor allem seine ehrfurchtgebietenden Bäume. Als ich also von den Holzfällern und Bauunternehmern hörte, kletterte ich auf den Berg, um mit eigenen Augen zu sehen, was mit seinem gefährdeten Wäldern passiert. (...)
(...) Eine Frau aus dem Himalaya, die nach den Grundsätzen Gandhis lebte, lud mich ein teilzunehmen. Sie nahm mich mit in ihr Dorf, um an einer einzigartigen gewaltfreien Demonstration teilzunehmen und diese aufzunehmen, bei der Bäume umarmt wurden, um sie davor zu bewahren, gefällt zu werden.
An diesem Tag waren ausschließlich Frauen vor Ort, und sie wollten mit ihrem Einsatz deutlich machen, dass sie die Holzfäller mit friedlicher Beharrlichkeit aufhalten können. Auf diese Weise stieß ich auf die Chipko-Bewegung im Himalaya, die in den frühen 90er Jahren stattfand. Chipko bedeutet wörtlich "umarmen" oder “umschlingen”. Ich hatte bereits eine Vorstellung vom spirituellen Schutz der Wälder und Tiere durch die Dorfbewohner*innen in Nordindien, da ich in Gegenden gewesen war, in denen 1730 n. Chr. in einem Dorf namens Khejarli im Bezirk Jodhpur in Rajasthan die erste Chipko-Bewegung stattgefunden hatte. In diesem Fall hatten die Dorfbewohnerinnen der Bishnoi-Gemeinschaft unter der Führung von Amrita Devi ihr Leben geopfert, um grüne Khejri-Bäume, die von der Gemeinschaft als heilig angesehen wurden, mit ihren Umarmungen zu schützen.
Heute wird Chipko als eine ökofeministische Bewegung angesehen. Obwohl viele der Unterstützer Männer waren, bildeten Frauen nicht nur das Rückgrat, sondern auch die Hauptstütze der Bewegung, denn sie am meisten von der grassierenden Abholzung betroffen, die zu einem Mangel an Brennholz und Futter sowie an Wasser für die Bewässerung und Zum Trinken führte. Die Beteiligung von Frauen an der Chipko-Aktion war ein ganz neuer Aspekt der Bewegung. Die Forstunternehmen der Region weiten ihre Tätigkeit auch auf die Lieferung von Alkohol an die Männer der Region aus, die den ganzen Tag mit Glücksspielen, Kartenspielen und Trinken verbrachten, während die Frauen auf den Feldern und in den Wäldern schufteten, um zu bewässern und Holz zu sammeln. Die Frauen setzten sich entschieden gegen die Gewohnheit des Alkoholismus ein und erweiterten die Agenda der Bewegung auf weitere soziale Themen. Die Bewegung errang einen Sieg, als die Regierung das Abholzen von Bäumen in den Himalaya-Regionen für fünfzehn Jahre verbot, bis die Vegetation wieder vollständig hergestellt war. Einer der prominenten Chipko-Führer, der Gandhianer Sunderlal Bahuguna, unternahm einen 5.000 Kilometer langen Fußmarsch durch den Himalaya, um die Chipko-Botschaft in einem weit größeren Gebiet zu verbreiten. Nach und nach gründeten die Frauen Kooperativen, um die örtlichen Wälder zu schützen, und organisierten auch eine Futtermittelproduktion, die der lokalen Umwelt zugute kam.
— Pamela Singh, Courtesy sepiaEYE, NYC.