Zeit zu reden: Genozid – Geschichte, Definition, Verwendung
Eine kritische Diskussion über einen tabuisierten und relevanten Völkerrechtsbegriff19.00-22.00
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für Erwachsene
auf Englisch
Während die Welt mit großer Selbstverständlichkeit von einem Genozid in Gaza spricht, ist der Begriff in Deutschland noch immer ein Tabu. Da er im kollektiven Gedächtnis des Landes mit dem Holocaust verbunden ist, fällt es Deutschen schwer, ihn im Kontext Israel und Palästina zu benutzen.
Gleichzeitig wird das militärische Vorgehen Israels in Gaza von der Mehrheit der Genozid- und Holocaustforscher, von internationalen und israelischen Menschenrechtsorganisationen und von der Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates inzwischen als Völkermord eingestuft. Der Internationale Gerichtshof hält den Vorwurf bereits seit Januar 2024 für plausibel und hat Eilanträge erlassen, um einen Genozid in Gaza abzuwenden.
Für die Einstufung als Völkermord listet die Genozid-Konvention von 1948 fünf mögliche Handlungen auf, die in der Absicht begangen werden, eine Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören – vier davon sind nach UN-Auffassung in Gaza erfüllt. Obwohl der Holocaust oft das öffentliche Verständnis von Völkermord prägt, erkennt das Völkerrecht an, dass dieser viele Formen annehmen kann. Dennoch bleibt ungewiss, ob der IGH Israels Vorgehen als solchen einstufen wird.
Die juristische Einordnung ist komplizierter als es scheint. Nicht jede genozidale Handlung folgt einer genozidalen Absicht. Wie lässt sich die genozidale Absicht einer Regierung beweisen und steht sie für den Staat als Ganzes? Was, wenn der beschuldigte Staat selbst angegriffen wurde und deshalb sein Recht auf Selbstverteidigung geltend macht? Muss die Zerstörungsabsicht das einzige Motiv sein, oder kann sie mit anderen militärischen Zielen einhergehen? Und lenkt die Debatte über Begrifflichkeiten nicht vom ursprünglichen Ziel der Genozid-Konvention ab, nämlich Völkermorde zu verhindern?
Das englischsprachige Panel diskutiert über die Geschichte des Begriffs, verschiedene Beispiele für Völkermorde und die juristische Anwendung der Genozid-Konvention auf Gaza.
Diese Veranstaltung wird unterstützt von der Schöpflin Stiftung, der Stiftung Mercator, der Robert Bosch Stiftung und der Postcode Lotterie.
An dem Panel nehmen teil: Diana Buttu, Mouin Rabbani, Michael Sfard.
Moderation: Kristin Helberg