Der Xook K'iin der Maya ist eine seit langem angewandte Methode zur Vorhersage von Wetterschwankungen und Naturphänomenen, wie etwa Wirbelstürmen, Dürren, Regenfällen und Winden. Das Wissen der Maya-Gemeinschaften um diese Praxis, speist sich aus ihren jahrhundertelangen Erfahrungen im Zusammenleben mit der Natur. Das Yukatekisch-Maya-Wort Xook K'iin kommt von xook „zählen oder lesen” und k'íin „Sonne, Zeit und Tag“, und bedeutet so viel wie „die Zeit oder die Tage zählen oder lesen“. Praktiziert wird der Xook K’iin vor allem von Kleinbäuer*innen der Milpa, ein über drei Jahrtausende in ganz Mesoamerika entwickeltes System der Agroforstwirtschaft, das auf dem Anbau von Mischkulturen basiert. Um das Wetter vorherzusagen, werden jedes Jahr im Januar Wetterphänomene gedeutet, die dann im Laufe des Jahres durch die Beobachtung bestimmter Pflanzen, Insekten oder Vögel verfeinert und an lokale Verhältnisse angepasst werden. Dies ist nicht nur maßgeblich für die Vorhersage von Regen- und Trockenzeiten, sondern auch für die damit einhergehende Planung und Bestimmung der besten Brandrodungs-, Pflanzungs- und Erntezeiten für die Milpa. Zusammenhänge zwischen Naturphänomenen und zukünftigen Wetterereignissen zu lesen und zu deuten wird allerdings zunehmend von weniger Menschen praktiziert. Denn dieses vielfältige Netz des Lebens und die untrennbar damit verwobene Maya-Kulturen, Sprachen und Wissensformen, sind von sozialen und ökologischen Stressfaktoren wie der industriellen Landwirtschaft, Abholzung, infrastrukturellen Megaprojekten, sowie der Klimakrise und einem massenhaften Artensterben bedroht. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein, dass traditionelle und Indigene Wissenssysteme und Techniken dazu beitragen können, die beschleunigte Zerstörung der natürlichen Welt einzudämmen.

XOOK K'IIN Zeitlichkeiten wahrnehmen ist eine im Entstehen begriffene Ausstellung aus neu in Auftrag gegebenen Beiträgen, die von Menschen aus verschiedenen Lebens- und Arbeitsbereichen der Yucatán-Halbinsel konzipiert und angefertigt wurden. Sie werden sowohl in Berlin als auch in Yucatán zu erleben sein. Zu den Beitragenden gehören Milpa-Kleinbäuer*innen und Xook K'iin-Praktizierende, Künstler*innen, Dichter*innen, Handwerker*innen, Pädagog*innen, Akademiker*innen, unabhängige Indigene Forscher*innen, Grundschulkinder und eine Dokumentarfilmer*innen. Die Ausstellung basiert auf ihrem Wissen, ihren Erfahrungen und kreativen Auseinandersetzungen mit dem Xook K’iin und den dazugehörigen Bioindikatoren – seien es Wolken, Winde, Ameisen, verschiedene Vogelarten und ihre Nester, der Ceiba-Baum oder die Flamboyant-Blüte.  

Mehrere Texte geben aus unterschiedlichen Perspektiven Einblick in die Praxis des Xook K'iin, den Kontext und seine heutige Bedeutung auf der Yucatán-Halbinsel und darüber hinaus. Dabei setzen sie sich gleichzeitig mit den Gefahren auseinander, die mit dem Verlust des Xook K'iin und der radikalen Verschlechterung der lokalen und globalen Ökosysteme einhergehen.  

 

Die Indigenen Völker der Erde als möglicher Schlüssel für die Lösung der Klimakrise
Das Beispiel des Xook K´iin und der Milpa bei den Maya

- Tania Eulalia Martínez Cruz, Carolina Camacho Villa, Alejandro Ramírez López, Matías Hoil Tzuc

 

Yucatán: A Vulnerable Ecosystem
Caught between Hope and Threats

- Rodrigo Llanes Salazar

 

Die in der Ausstellung gezeigten Gemälde und Skulpturen werden jeweils von einem Text begleitet, in dem Beobachtungen über die Gestalt, das Verhalten und die Veränderungen der jeweiligen Naturphänomene und deren Bedeutung beschrieben werden. Zusammengetragen wurden diese von den Lehrer*innen und Forscher*innen Julián Dzul Nah und Abrahán Jesús Collí Tun, die dazu Maya-Bäuer*innen aus verschiedenen Gemeinden in Yucatán befragt haben.  

 

Acerca del uso de algunos Bioindicadores 

utilizados en el Xook K’iin

- Julián Dzul, Abrahán Colli

 

 

Die Ausstellung gibt einen Einblick in eine vielfältige, miteinander verwobene und sich stetig verändernde Lebensweise. Sie lädt ein, innezuhalten und über die Grenzen des Ausstellungsraumes hinaus die vielgestaltigen Elemente unserer natürlichen Umgebung, ihrer Sprachen, Muster und Veränderungen, sowie deren vielfältigen Bedeutungsebenen wahrzunehmen. Wie Pedro Uc in seinem, für diese Ausstellung geschriebenen Text, der Xook K’iin ist “nicht nur eine Methode oder ein Handbuch, aber eine beobachtbare, erfahrbare Kultur - oder ein Teil davon -, die jeden Tag, nachts, nachmittags oder morgens, im harmonischen Austausch mit der Natur gelebt wird. Es ist wie ein Haus, in dem alle Bewohner auf die natürlichen Impulse ihrer Umgebung, die aus demselben untrennbaren Gefüge stammen, aus dem das Leben besteht, reagieren."

 

XOOK K’IIN
- Pedro Uc Be

Tanzim Wahab
Marvin Systermans
Tanzim Wahab
Tanzim Wahab
Tanzim Wahab
Victoria Tomaschko
Victoria Tomaschko
Tanzim Wahab
Tanzim Wahab
Tanzim Wahab

Team

Produktionsleitung: Setareh Shahbazi
Ausstellungsdesign: Aleksandra Zielińska  
Grafikdesign: Stoodio Santiago da Silva 
Lichtdesign: Emilio Cordero Checa
Produktionsteam: Santiago Doljanin, Sophie Kindermann, Till Ronacher & Sebastian Schwindt (und.studio), Matthieu Séry, and Marc Schamuthe
Holzhandwerk: Willem van den Hoek

Übersetzung & Lektorat im Englischen, Deutschen, Spanischen: Michele Faguet, Gegensatz - Translation Collective

Lektorat und Redaktion im Spanischen: Loreto Solis

Kuratiert, in Auftrag gegeben & produziert von: Spore Team