Von Landvertilgern und jenen, die das Fallen des Himmels verhindern
Ein gemeinschaftlicher Austausch mit öffentlichen Gesprächen, Workshops, Performances und Filmen über Ökozid, kollektive Trauer und die Verteidigung des Netzes des Lebens18.00-20.00
10.00-22.00
10.00-21.00
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für Kinder und Erwachsene
auf Englisch
Die Veranstaltungen an diesem Wochenende sind offen für alle Interessierten. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich, du kannst dich aber vor Ort für die verschiedenen Workshops anmelden.
Der Titel der Veranstaltung geht auf den Yanomami-Schamanen und Indigenen Denker Davi Kopenawa zurück, der vor wenigen Wochen bei Spore seine Geschichte mit uns geteilt hat - die Erfahrung der gewaltsamen Zerstörung des Amazonasgebiets und die Tatsache, dass ihm die Trauer um seine Familie verweigert wurde, die durch den so genannten Fortschritt des weißen Mannes getötet wurde. Dies war Ausgangspunkt seines lebenslangen Kampfes gegen die „Landvertilger, die alles zerstören“ und für die Erhaltung des Amazonasgebiets und der dort lebenden Indigenen Gemeinschaften.
Kopenawa ist eine von vielen Stimmen, die deutlich machen, dass Klimazusammenbruch, Abholzung, Landraub durch die industrielle Landwirtschaft und die oft gewalttätige Gewinnung von „Rohstoffen“ uns nicht alle gleichermaßen betreffen. Es sind vor allem von Armut betroffene und marginalisierte Gemeinschaften, die von den verheerenden Auswirkungen von Klimazusammenbruch, Umweltzerstörung und neokolonialen Formen des Abbaus von sogenannten ”Ressourcen" am stärksten betroffen sind, deren Lebensgrundlagen zerstört werden und die gezwungen sind zu fliehen. Diese Gemeinschaften sind nicht nur dafür bekannt, dass sie am wenigsten zur Vergiftung der Böden, der Atmosphäre und des Wassers beitragen, sondern sie spielen als Beschützer*innen der Wälder, der Flüsse und des Saatguts oft eine wesentliche Rolle bei der Bewahrung der Vielfalt des Lebensnetzes.
Während in vielen Indigenen Kosmologien und Praktiken die Beziehung zur Natur als eine Form der Verwandtschaft verstanden wird, wird sie im Kapitalismus zu einer unbelebten Ressource erklärt, die ausgebeutet werden kann und muss.
Die Zerstörung der Natur wie auch die damit einhergehende Vernichtung der Lebensgrundlagen von Gemeinschaften, die die Erde auf andere, weniger zerstörerische Weise bewohnen, wird häufig von einer Abwesenheit von Trauer begleitet. Sowohl im Falle von Ökoziden als auch von Genoziden wird deutlich, dass die „imperialen Lebensweisen“ des Globalen Nordens dem Leben andere Werte beimessen, die oft rassistisch geprägt sind. Die Verweigerung einer kollektiven Trauer um die geopferten Leben und Lebensweisen ist jedoch ein wesentlicher Ausgangspunkt für Solidarität und Widerstand.
Wir haben daher Gruppen, Initiativen, Künstler*innen und Sorgearbeiter*innen eingeladen, mit denen wir in den letzten Monaten zusammengearbeitet haben oder die das Spore Haus als Raum für ihre Arbeit genutzt haben, um die Beziehung zwischen Ökozid, kollektiver Trauer und Widerstand zu untersuchen.
Durch die verschiedenen Veranstaltungen des gemeinsamen Wochenendes, die sich aus Vorträgen, Workshops, Performances und Filmvorführungen zusammensetzen, wollen wir den Fäden zwischen Trauer und der Verteidigung des Lebens nachspüren. Wie können wir gemeinsam trauern? Und wie kann die Trauer zu einer treibenden Kraft für unser Handeln werden?
Freitag, 15. November
18.00 Uhr The Forgotten Migrant
Film Screening präsentiert von FACQ, International Women* Space, und Dept for Climate
Sprache: Englisch und Deutsch
The Forgotten Migrant (2021, 52’)
Regisseur: Richard Djimeli Fouofie
Eine politische Aktivistin, die im Steinbruch arbeitet, ein Fischer, den der Klimawandel zu einem neuen Geschäftsmodell zwingt, ein Hühnerzüchter ohne Hühner und ein Stoffhändler ohne Kund*innen – zwischen Binnenmigration und dem Traum von Europa suchen sie alle auf ihre Weise nach besseren Perspektiven. Mit den Porträts dieser vier Migrant*innen in Mali, beleuchtet der Dokumentarfilm die Auswirkungen des Klimawandels und den Einfluss des EU-Grenzregimes auf die Mobilität in Westafrika.
Im Anschluss an die Filmvorführung findet eine Podiumsdiskussion statt mit:
Djif Djimeli: Filmregisseur und Mitglied von Afrique-Europe-Interact, einem Kollektiv, das Flüchtlinge und Migrant*innen in ihrem Kampf um Freizügigkeit und gleiche Rechte unterstützt, einschließlich des Bleiberechts, d.h. der Möglichkeit, ein Leben im Herkunftsland unter sicheren, würdigen und selbstbestimmten Bedingungen zu führen.
Llanquiray Painemal: Mapuche-Migrantin, aktiv in Berlin für soziale Gerechtigkeit und für die Verbreitung und Sichtbarkeit des antikolonialen Kampfes in Wallmapu. Sie ist auch Teil des Kollektivs Respect Berlin, das sich für die Rechte illegalisierter Migrantinnen in der bezahlten Reproduktionsarbeit einsetzt.
Kahbit Ebob Enow: Vermittlerin und Mediatorin, Aktivistin für soziale Gerechtigkeit und Projektmanagerin für Schwarze Organisationen in Berlin.
Rose Wanjiku (Moderatorin): Aktivistin für Klima- und soziale Gerechtigkeit in Berlin. Sie ist Teil des International Women* Space und verschiedener Kollektive für Klimagerechtigkeit in Berlin, die sich mit den Zusammenhängen von Klima, Feminismus, Selbstbestimmung und Dekolonialität beschäftigen.
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Samstag, 16. November
10:00 Uhr Gespräch mit Mama D und Siegmar Zacharias über kollektive Trauer
Sprache: Englisch
Mama D und Siegmar Zacharias arbeiten mit unseren Beziehungen zu Nahrungsmitteln und Heilpflanzen an Formen der kollektiven Trauer––im Zusammenhang mit Kolonialismus und Genozid. In diesem Gespräch werden wir ihre Praktiken und Erfahrungen in der Arbeit mit verschiedenen Gemeinschaften in Berlin und Großbritannien untersuchen.
Mama D Ujuaje arbeitet als Community Researcher und Facilitator mit einem Hintergrund in der Ernährungspraxis und dem verkörperten und kunstbasierten Eintreten für sozial transformative Gerechtigkeit. Derzeit kuratiert sie Learning Journeys im Rahmen von Community Centered Knowledge und erforscht dabei die internen Schnittstellen und Ränder der Gemeinschaft, das Erbe des Kolonialismus/der Kolonialität und die Moderne, die durch diese Machtstrukturen konstituiert wird, sowie Systeme der Gerechtigkeit.
„Die Erde bebt und unsere Herzen brechen angesichts von Völkermord, Ökozid und anderen Schichten der Brutalität“. Wie können wir diese vielfältige Trauer kollektiv tragen und ihre unterschiedliche Natur anerkennen? Wie können wir kollektive Trauerpraktiken entwickeln, die uns dabei unterstützen, mit der Trauer umzugehen, anstatt zu versuchen, sie zu überwinden? das sind die Fragen, die Siegmar Zacharias sich in ihrer Arbeit stellt. Siegmar Zacharias ist Performance-Künstlerin und Forscherin, ausgebildete Sterbebegleiterin und studiert traditionelle Pflanzenmedizin. An der Schnittstelle von Kunst, radikaler Pädagogik und Aktivismus arbeitet sie kollaborativ und lernt vom Trauern.
Am 2. November veranstaltet Mama D bei Spore einen Necroproximal Space, der Verlust und Trauer durch verkörperte Praktiken für Personen aus der afrikanischen Diaspora anerkennt.
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11:30 Uhr Wasserkörper: Ein Gespräch über Wasser, Gender und politisches Handeln
Gespräch mit Özge Yaka, Lotta Schäfer und Stimmen aus und jenseits von Water Bodies - Wasserspiegel.
Sprache: Englisch
Dieses Gesprächsformat bezieht sich auf die Wasserspiegel-Water Bodies-Ausstellung, indem es die Stimmen von Frauen, die für Flüsse in der östlichen Schwarzmeerregion der Türkei kämpfen, mit den Stimmen der Ausstellung und den Positionen des Publikums ins Gespräch bringt.
Indem wir die verkörperten, sensorischen und affektiven Verbindungen der Frauen mit dem Wasser der Flüsse in den Blick nehmen, wird das Gespräch zeigen, wie körperliche Erinnerung und Emotionen die Beziehungen zwischen Geschlecht, Wasser und politischem Aktivismus in der übermenschlichen Lebenswelt der Frauen in der östlichen Schwarzmeerregion vermitteln. Das Zusammentreffen wird uns Gelegenheit geben, über mögliche Verbindungen zwischen Wasserkörpern nachzudenken - „nicht nur Flüsse, Seen, Pfützen und Meere“, sondern auch diejenigen, die mit ihnen verbunden sind, diejenigen, die sich um sie kümmern, diejenigen, die sie nicht nur als natürliche Ressourcen, sondern als Lebensbegleiter*innen erleben. Wie können wir diese Körper in den Mittelpunkt stellen, um menschliche und übermenschliche Verbindungen mit politischem Handeln zu verbinden?
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13:00 Uhr Essen und Ausruhen
Suppe zubereitet von Fatma Savun
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14:00 Workshops
Dekoloniales Geschichtenerzählen für eine radikale ökologische Imagination
Workshop mit Rosa Cordillera A. Castillo (Uni Bremen), Jorge Vega (HU Berlin)
Sprache: Englisch
Geschichten sind wichtig für das Sammeln und die Weitergabe von Wissen, insbesondere als Quelle für andere Wissens- und Seinsweisen. Sie können Räume für Körperlichkeiten und Erfahrungen öffnen, die strukturell marginalisiert und ausgegrenzt werden. Sie können zu einem Ort der Begegnung werden, um einander jenseits des dominanten Blicks zu sehen. Das Erzählen von Geschichten ist nicht nur ein Weg, die Welt kennenzulernen, sondern auch eine Praxis, die Welt zu gestalten. Es ist somit eine kritische Methode der Weltgestaltung, die auf der Zusammenarbeit mit denjenigen beruht, deren Wissen zum Schweigen gebracht und ausgeschlossen wird.
Entscheidend für die Macht des Geschichtenerzählens ist die imaginative und affektive Kraft, die das Verständnis, die Perspektiven und die Einstellungen der Menschen gegenüber der Gegenwart und der Zukunft prägen. Indem sie dieses dekoloniale Potenzial des Geschichtenerzählens nutzen, teilen Umweltschützer*innen ihre Geschichten mit einer jüngeren Generation von Student*innen und Klimaaktivist*innen. Der Schwerpunkt liegt auf der affektiven Dimension ihrer gelebten Erfahrungen als Umweltschützer*innen, auf ökologischer Trauer, die in transformative Hoffnung kanalisiert wird, und auf der Dezentrierung eurozentrischer ökologischer Ängste und Hoffnungslosigkeit, um Horizonte für eine radikale ökologische Vorstellungskraft zu eröffnen.
Umweltrassismus in Berlin: Vergangenheit und gegenwärtige Realitäten
Workshop mit Nary Götze (Climate Justice Berlin Kollektiv)
Sprache: Deutsch und Englisch
Dieser zweistündige Workshop untersucht das tief verwurzelte Problem des Umweltrassismus in Berlin. Wir werden die historischen Kontinuitäten der Stadt beleuchten, welche die heutige Landschaft von Umwelt-Ungerechtigkeiten geprägt haben. Durch die Analyse von Karten und Gruppendiskussionen werden wir Verbindungen zu intersektionalen Diskriminierungsformen ziehen. Gemeinsam ordnen wir die Komplexität Berlins in eine breitere internationale Perspektive ein und erkunden politische Bewegungen, die den Kampf für Umweltgerechtigkeit geprägt haben. Darüber hinaus werden wir auch über Zukunftsaussichten sprechen, die über bestehende Systeme hinausgehen.
Der Workshop richtet sich ausschließlich an BIPoC Teilnehmer*innen.
Erschüttert und Verbunden - Pflanzen als Begleiter*innen, Verbündete und Berater*innen für kollektive Trauer und Transformation
Workshop mit Siegmar Zacharias
Sprache: Englisch
Die Erde bebt und unsere Herzen brechen angesichts von Genozid, Ökozid und anderen Formen der Brutalität. Wie können wir diese vielfältige Trauer kollektiv und in ihrer Unterschiedlichkeit halten? Wie können wir kollektive Trauerpraktiken entwickeln, die uns dabei unterstützen, mit der Trauer umzugehen, anstatt zu versuchen, sie zu überwinden? Indem wir dies gemeinsam tun, weben wir die Fäden des Lebens und des Todes, des Schmerzes, der Wut, der Traurigkeit, der Freude und der Verbundenheit weiter zusammen. Während wir das Wissen und die Ressourcen, die in unseren Körpern und der Erde gespeichert sind, wertschätzen, werden wir gemeinsam Medizin als eine dekoloniale Praxis des Widerstands gegen strukturelle Gewalt herstellen.
Auf der Grundlage des von rumänischen Tanten und Urgroßmüttern weitergegebenen Pflanzenwissens werden wir Angelica und Efeu kennenlernen, gemeinsam eine Salbe herstellen und erkunden, wie sie als Begleiter*innen, Berater*innen und Verbündete sowohl den individuellen als auch den sozialen Körper ansprechen können, um kollektive Trauer, Kämpfe und Regeneration zu unterstützen.
Reflecting Whiteness – Bewusste Privilegien
Ein Workshop mit Fanny Nitsche und João Albertini
Sprache: Deutsch
In dem Workshop untersucht Fanny Nitsche Konzepte des kritischen Weißseins und lädt die Teilnehmer*innen ein, eine Sprache zu finden, um darüber zu sprechen.
Wann habt ihr zum ersten Mal erkannt, dass ihr weiß seid? Was bedeutet es eigentlich, weiß zu sein - als Gedanke, als Konzept, als Handlung, und als Privileg? Wie gehen wir unserer eigenen rassistischen Prägung auf den Grund und wie können wir mit ihr brechen? In diesem Workshop wollen wir Weißsein als Machtstruktur betrachten und gemeinsam verstehen, welche Gewalt von ihr ausgeht. Wir werden uns gemeinsam auf die Suche nach unserem Weißsein begeben und erfahren, wie es uns in unserem Alltag und in den Institutionen, in denen wir tätig sind, prägt. Weißsein als Machtposition ist in der Regel unbenannt und es fällt uns oft schwer, Worte dafür zu finden und zu benennen, was diese Positionierung mit uns macht. Wie können wir eine Sprache finden, um darüber zu sprechen und uns gegenseitig dabei unterstützen, Verbündete für Menschen zu sein, die von Rassismus betroffen sind?
Militarisierte Landschaften und widerständige Ökologien
Mit Gabriela Manda Seith und Munira Khayyat (per Videoanruf)
Sprache: Englisch
Während die unmittelbare tödliche Gefahr, die von Landminen und Blindgängern ausgeht, ersichtlich ist, bleiben die Folgen für das gesamte Ökosystem meist im Verborgenen. Durch ihre Korrosion, Entfernung oder Explosion sickern giftige Substanzen, wie Quecksilber, Nickel, Blei und der Sprengstoff TNT in den Boden ein und erreichen so Mikroorganismen, Pflanzen und Grundwasser. In dem Workshop beschäftigen wir uns damit, wie es möglich ist die Zusammenhänge zwischen Krieg, Landminen, Blindgängern und deren Auswirkungen auf verschiedene Pflanzen und Spezies aus künstlerischer, aktivistischer und anthropologischer Sicht hervorzuheben. Dabei stehen nicht nur die zerstörerischen Effekte von Landminen und Blindgängern im Vordergrund, sondern auch die Resilienz, die im Widerstand gegen deren tödliche Substanzen entsteht. Wie finden Lebewesen Wege, um sich den explosiven Objekten zu widersetzen? Wie erweitert sich der Lebensraum durch Landminen für manche Wildtiere, während er für Menschen unzugänglich wird? Wie werden Landminen für andere Wildtiere wiederum gefährlich? Wie können wir der Kommunikation von Pflanzen zuhören, um Minen zu identifizieren, Landschaften zu regenerieren und sie so wieder zu einem Ort von Biodiversität und Zusammenleben zwischen verschiedenen Spezies werden zu lassen?
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17:10 Uhr: Barockes Ethos oder „ Jasagen zum Leben bis in den Tod“, mit Iván Carrasco Andrés von Calaca e.V.
Calaca e.V. hat bei Spore den Día de los Muertos begangen und dafür eine Ofrenda zum Angedenken an die Verstorbenen aufgebaut. Iván Carrasco Andrés geht in einer Vorstellung des Altars der Frage nach, ob es unter Bedingungen, in denen der Tod allgegenwärtig ist, überhaupt möglich ist, das Leben zu bejahen. Die Bejahung des Lebens selbst im Angesicht des Todes (wie in genozidalen und kolonisierten Kontexten) hat in Lateinamerika eine besondere kulturelle Ausdrucksform hervorgebracht, die als "barockes Ethos" verstanden werden kann. Was bedeutet es also, "Jasagen zum Leben bis in den Tod" und was hat das alles mit dem Día de los Muertos, dem Kapitalismus und dem Widerstand gegen den Kolonialismus zu tun? Was war die Überlebensstrategie in Lateinamerika, um das Leben inmitten von Gewalt und Barbarei zu behaupten?
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17:30 Uhr Gemeinsame Präsentation der Workshop-Ergebnisse
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18:30 Broken Times
Perfomance von rezzan gümgüm
Wenn Trauer unterdrückt wird, ist weder Schmerzbewältigung noch Heilung möglich. Die Normalisierung von Gewalt und Unterdrückung beraubt Gemeinschaften ihres Rechts auf kollektive Trauer und schafft ein gebrochenes Zeitgefühl. Diese Performance erforscht die individuellen und gesellschaftlichen Dimensionen der unterdrückten Trauer und hinterfragt die Unsichtbarkeit von Schmerz und die Normalisierung von Gewalt gegen Natur und Mensch.
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19:00 Uhr En el nombre del litio
(2021, 75'5 Min.)
Regie: Cristián Cartier Martín Longo
Filmscreening und Beiträge von Aktivist*innen vor Ort präsentiert von SoliSur
Sprache: Spanisch mit englischen Untertiteln
En el nombre del litio ist ein Dokumentarfilm über die Auswirkungen des Lithiumabbaus durch multinationale Bergbauunternehmen auf Indigene Gemeinschaften in Argentinien. Der Film zeigt die Stimmen und den Kampf der Gemeinschaften, die die Salinen bewohnen, und ihren Kampf gegen die Bergbauunternehmen sowie die Sorge um die Umweltauswirkungen, die durch den Abbau von Lithium in einem der größten Vorkommen der Welt entstehen. Dieser Dokumentarfilm spiegelt den Konflikt zwischen der Weltanschauung der Indigenen Gemeinschaften und den Extraktivistischen Versuchen , in Lithium eine Alternative zu fossilen Brennstoffen zu finden, und damit Indigene Traditionen zu zerstören und eine „sacrifice zone“ (Opferzone) zu schaffen.
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Sonntag, 17. November
10:00 Ein Omnizid Kontinuum
Eine Podiumsdiskussion mit Sheena Aderson, Aurélia Kalisky, Tamar Novick, moderiert von Rosa Cordillera A. Castillo
Sprache: Englisch
Das menschliche und das mehr-als-menschliche Leben sind von dem radikalen kolonialen Dualismus betroffen, der sich in der Opposition zwischen der Natur (als Objekt) und dem Menschen (als Subjekt) und dem daraus resultierenden ausbeuterischen Verhältnis zur natürlichen Welt zeigt. In welcher Weise prägen sich Umwelt und Formen der militärischen Unterwerfung gegenseitig? Wie werden diese Zusammenhänge im öffentlichen, rechtlichen und akademischen Diskurs (nicht) thematisiert, und welche Formen des Widerstands gegen menschliche und übermenschliche Schädigungen gibt es? Diese Podiumsdiskussion wird sich mit diesen historischen Ungerechtigkeiten und der Gewalt befassen, die einem Bild der Welt als Ressource innewohnt.
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11:30 - 16:30 Uhr Workshops mit Mittagspause
Somatik, Trauer und Reparatur als Grundlage für Gerechtigkeit
Kollektive Sorge-Session mit den Somatikern Day Eve (11.30 - 13.00 Uhr) und hugo-huga x tibiriçá (14.00 Uhr), organisiert vom Climate Justice Berlin Collective
In dieser Session werden wir einen Raum für die Teilnehmer*innen schaffen, in dem sie sich kollektiv ausruhen und durch Körperarbeit, Massage und somatische Praktiken verbinden können. Zu oft werden kollektive Ruhe und Fürsorge vernachlässigt oder als Privileg angesehen, auch in aktivistischen Räumen. In dieser Zeit extremer Gewalt, Kriege, Ökozid und Genozid rufen wir die Kraft des Miteinanders auf. Unsere Körper und Nervensysteme führen langfristige Kämpfe für Befreiung und Gerechtigkeit, und sie sind voneinander abhängig - also lasst uns gemeinsam für sie/uns sorgen! Alle sind willkommen!
Solidaritäten in/und Nekropolitiken
Workshop mit Mihir Sharma (Universität Bremen)
Sprache: Englisch
Im Jahr 2019 behauptete der UN-Sonderberichterstatter Phillip Alston, dass die Welt zunehmend von Klima-Apartheid bedroht ist. Klima-Apartheid ist ein Begriff, den viele Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und politische Entscheidungsträger*innen verwendet haben, um die Art und Weise zu beschreiben, in der die ungleichen Auswirkungen des Klimawandels verteilt, verwaltet und erlebt werden würden. Die „Wretched of the Earth“ leiden unverhältnismäßig stark unter den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels, während sie fast nichts zur Entstehung beigetragen haben. Der Kampf für Klimagerechtigkeit steht daher vor eine ethische Herausforderung: die asymmetrischen Beziehungen und planetarischen Verantwortlichkeiten, die sich aus dieser Ungerechtigkeit ergeben, zu thematisieren und danach zu streben, diese Formen der Ungerechtigkeit bei der Gestaltung der Zukunft zu beseitigen.
Dieser Workshop bei Spore wird sich mit der folgenden Frage beschäftigen: Wie stellen sich verschiedene Akteur*innen Solidarität über Grenzregime, Politikzyklen und unmittelbare Anliegen hinweg vor? Wie können wir Solidaritäten möglich machen und umsetzen?
Workshop zum Kampf der Bevölkerung gegen den Extraktivismus in Abya Yala
Präsentiert von SoliSur, moderiert von Gustavo Hernández-Calderón und Carol Turizo
Der Workshop findet im Zusammenhang mit der Vorführung des Films En el nombre del Litio am Samstag statt. Dieser zweite Teil analysiert die Kämpfe aus Bolivien, Argentinien und Chile gegen das extraktivistische Projekt, das das Gebiet von Abya Yala erneut zum kolonisierten Subjekt macht, sowie Alternativen zum grünen Kapitalismus, den der Globale Norden vorschlägt: Ressourcen-Nationalismus, Degrowth und Öko-Sozialismus. Auf diese Weise wird den Teilnehmer*innen ein Werkzeug an die Hand gegeben, mit dem sie die Komplexität der Situation in dem Gebiet analysieren und mögliche Alternativen, Allianzen, sowie solidarische Perspektiven mit den widerstandsfähigen Gemeinschaften aufzeigen können. SoliSur möchte Spore und seine Veranstaltung als Treffpunkt anbieten, um nicht nur das Bewusstsein für die aktuellen Probleme in Abya Yala zu schärfen, sondern auch um gemeinsam alternative Zukunftsperspektiven durch potenzielle Allianzen zu entwerfen, die sich für soziale und ökologische Gerechtigkeit einsetzen.
Vom Indigenen Fladenbrot aus Artsakh zur COP29: Ökozid, Gennozid und Wohlstandsgefälle als Gesichter desselben Übels erörtern
Veranstaltet von dem Ararat-Kollektiv
Sprache: Englisch
In diesem interaktiven Workshop werden die Teilnehmer*innen die Absurdität, dass Aserbaidschan Gastgeber der COP29 ist, und die tief verwurzelten Heucheleien innerhalb der Institution der COP im Allgemeinen untersuchen, insbesondere ihr Versagen, sich mit den intersektionalen Problemen von Ökozid, Genozid und Wohlstandsgefälle auseinanderzusetzen. Vor dem Hintergrund des jüngsten Genozids in Artsakh und Aserbaidschans Greenwashing werden wir aufzeigen, wie globale Mächte und die Vereinten Nationen, unter dem Deckmantel der Diplomatie und Klimapolitik, die Augen vor Gewalt verschließen. Wir werden auch die Rolle Aserbaidschans als Verursacher von Umwelt- und Menschenzerstörungen erörtern und uns dabei unter anderem auf seinen Expansionismus und den Einsatz von Geschichtsrevisionismus, Kaviar-Diplomatie, armenienfeindlicher Propaganda und das Bildungssystem konzentrieren. Die Teilnehmer*innen werden sich an diesen kritischen Gesprächen auf die Basis armenischer Indigenität, Widerstand und der Verbindung zu Land und Natur beteiligen können, während wir gemeinsam armenisches Fladenbrot zubereiten.
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16:30 Uhr Gemeinsame Präsentation der Workshop-Ergebnisse
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17:30 Uhr TERRITORIEN DES WISSENS: von Belém nach Berlin.
Linsen auf dem Weg zur COP-30 im Jahr 2025 im brasilianischen Amazonasgebiet.
Podiumsdiskussion mit Barbara Marcel, Camila Nobrega und Vertreter*innen von Kollektiven mit Sitz in Brasilien.
Sprache: Englisch
Nächstes Jahr wird die Klimakonferenz der Vereinten Nationen, COP-30, in Belém, einem städtischen Teil des Amazonaswaldes, stattfinden. Die Region steht wieder einmal im Rampenlicht, voller Erwartungen und Prognosen über mögliche Folgen. Welche Themen stehen auf dem Spiel und wie hängen sie mit dringenden transnationalen Debatten zusammen? Was bedeutet die Konferenz für die Menschen vor Ort und für internationale Netzwerke, die eine kritische Sicht auf koloniale und entwicklungspolitische Visionen des Amazonasgebietes vorschlagen?
In diesem Panel werden die Filmemacherin und Künstlerin Barbara Marcel und die Transmedia-Journalistin und Forscherin Camila Nobrega erstmals über das Projekt TERRITORIEN DES WISSENS: von Belém nach Berlin berichten, das zwischen Grenzen und Blicken aus kritischen Dimensionen der Kolonisierung entstanden ist. Es bezieht sich auf die verschiedenen Produktionsweisen von Bildern, Diskursen und Erzählungen sowie die ungleichen Hierarchien von Macht und Wissen in internationalen Prozessen – insbesondere im Zusammenhang mit der Debatte über die Sozial-, Umwelt- und Klimakrise.
Während eines Forschungsaufenthalts in Zusammenarbeit mit der Spore, der zunächst in Belém und anschließend in einer weiteren Phase in Deutschland durchgeführt wird, verfolgt das Projekt die Vorbereitungen für die COP-30. Basierend auf Methoden der künstlerischen Praxis und des investigativen Journalismus, sowie Kommunikationsprozessen, will das Projekt zu Räumen des Wissensaustauschs zwischen Kollektiven in den beiden Ländern vor dem UN-Treffen beitragen. Das Panel konzentriert sich auf die Rolle von Bildern und Diskursen innerhalb und im Umfeld der COP30. Wir wollen einen Raum für den Austausch über mögliche Allianzen und Strategien eröffnen, um kritische Praktiken und horizontales gegenseitiges Lernen zu stärken - durch den Einsatz kultureller und medialer Werkzeuge als Formen kollektiver Organisierung. An der Podiumsdiskussion werden Vertreter*innen von Kollektiven mit Sitz in Brasilien live online teilnehmen.
Aus dem Langzeitfotoprojekt Canary in a Garden / Pueblos Espejos von Marvin Systermans über Folgen und Akteure des Neo-Extraktivismus im Fall der größten Kohlemine Lateinamerikas: El Cerrejón in La Guajira, Kolumbien:
Botadero verde
El Cerrejón ist der größte Kohletagebau in Lateinamerika und befindet sich auf Indigenem Land in der Region La Guajira. Für jede Erweiterung der Mine werden Gemeinden umgesiedelt und Ökosysteme zerstört. Der abgetragene Boden aus der Mine wird in riesigen Halden abgelagert. Auf dem verseuchten Boden können nur wenige Pflanzen überleben, weshalb die auf diesem Foto dokumentierte Landschaft trotz ihres grünen Aussehens ein Ödland ist. Wenn Regen fällt, läuft er durch die Halde und bildet darunter Seen aus Abwasser, die ungefiltert in Flüsse und Grundwasser gelangen.
Dies ist nur ein Beispiel für die verheerenden Auswirkungen des Rohstoffabbaus auf die Region, ihre Menschen und Ökosysteme. Glencore, der weltgrößte Rohstoffhändler, der die Mine El Cerejón betreibt, bestreitet jeden Zusammenhang zwischen seinen Aktivitäten und Berichten von Krankheitsfällen von Anwohner*innen der Mine. Das Unternehmen verwendet sogar Bilder dieser grünen Halden als Beweis für die Bemühungen des Unternehmens, das wiederherzustellen, was durch seine Hände verloren gegangen ist.