Glossar
Agrarökologie
"Die Agrarökologie ist ein ganzheitlicher und integrierter Ansatz, der gleichzeitig ökologische und soziale Konzepte und Grundsätze auf die Gestaltung und Verwaltung nachhaltiger Landwirtschafts- und Lebensmittelsysteme anwendet. Er zielt darauf ab, die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Tieren, Menschen und der Umwelt zu optimieren und gleichzeitig die Notwendigkeit sozial gerechter Lebensmittelsysteme zu berücksichtigen, in denen die Menschen selbst entscheiden können, was sie essen und wie und wo es produziert wird" (FAO).
Bioindicator
Bei Bioindikatoren handelt es sich um Lebewesen, die auf eine Veränderung in dem Ökosystem, in dem sie leben reagieren. Die Interpretation von Bioindikatoren erlauben eine Einschätzung über den Gesamtzustand von Ökosystemen.
biokulturelle Vielfalt
Wir nutzen den Begriff biokulturelle Vielfalt, um die engen Verflechtungen zwischen menschlichen Gesellschaften und der natürlichen und biophysikalischen Umwelt, in der sie existieren zu unterstreichten. Luisa Maffi, Mitbegründerin und Direktorin des Magazins Terralingua, definiert biokulturelle Vielfalt als "die Vielfalt des Lebens in all seinen Erscheinungsformen - biologisch, kulturell und sprachlich -, die innerhalb eines komplexen sozio-ökologischen Anpassungssystems miteinander verbunden sind".
Maffi, L. (2005). Linguistic, cultural, and biological diversity. Annual Review of Anthropology, 34, 599–617.(Übersetzung: Spore Team)
Bei der Beschreibung der biokulturellen Vielfalt schreibt Terralingua, dass wir, wenn wir "Netz des Lebens" hören, wahrscheinlich an "biologische Vielfalt denken: die Millionen von Pflanzen- und Tierarten, die sich auf der Erde entwickelt haben und miteinander und mit den Ökosystemen, in denen sie leben, vernetzt sind". Aber seit "Jahrtausenden sind wir Menschen Teil der Natur und haben uns mit ihr weiterentwickelt. Im Laufe der Zeit haben sich die Menschen an ihre lokale Umwelt angepasst und gleichzeitig materielle und geistige Nahrung aus ihr bezogen. Durch diese gegenseitige Anpassung haben menschliche Gemeinschaften Tausende von verschiedenen Kulturen und Sprachen entwickelt: unverwechselbare Arten zu sehen, zu wissen, zu handeln und zu sprechen, die durch die Interaktionen zwischen Menschen und der natürlichen Welt geprägt wurden." Betrachtet man das Netz des Lebens aus dieser Perspektive, so verbindet es die Vielfalt von Natur und Kultur miteinander.
Terralingua: What is biocultural diversity (Übersetzung: Spore Team)
Cenoten
Eine Cenote ist eine natürliche Grube oder ein Senkungsloch, das durch den Einsturz von Kalksteinfelsen entstanden ist und Grundwasser freilegt. Der Begriff wird speziell mit der Halbinsel Yucatán in Verbindung gebracht, wo Cenoten zur Wasserversorgung dienen und von den Maya als heilig angesehen werden. Der Begriff leitet sich von einem Wort aus dem Yukatekischen Maya Wort ab - tsʼonot - und das sich auf jeden Ort mit zugänglichem Grundwasser bezieht.
Cuerpo-Territorio
Cuerpo-Territorio (Körper-Territorium) ist ein von indigenen Frauen entwickeltes Konzept. Ausgehend von der Beziehung des weiblichen Körpers zur Erde und der damit verbundenen gegenseitigen Fürsorge, stellt die Idee des Cuerpo-Territorio eine Verbindung zwischen der kolonialen und kapitalistischen Enteignung von Territorien und der patriarchalen Ausbeutung und Unterdrückung des weiblichen Körpers her.
Ernährungssouveränität
Der Begriff Ernährungssouveränität wurde erstmals 1996 von Mitgliedern von La Via Campesina geprägt. Die "Erklärung von Nyéléni" (2007) definiert Ernährungssouveränität als "das Recht der Völker auf gesunde und kulturell angemessene Lebensmittel, die mit ökologisch vertretbaren und nachhaltigen Methoden erzeugt werden, und das Recht, ihre eigenen Lebensmittel- und Landwirtschaftssysteme zu definieren. Sie stellt diejenigen, die Lebensmittel produzieren, verteilen und konsumieren, in den Mittelpunkt der Lebensmittelsysteme und -politik und nicht die Forderungen der Märkte und Konzerne."
Globaler Süden
Der Begriff Globaler Süden versucht, die durch historische Machtdynamiken bedingten Umstände wirtschaftlicher Benachteiligung zu benennen. Deshalb gibt es immer auch einen Globalen Süden innerhalb des Globalen Nordens und andersherum.
Indigen
Wer sind jedoch die Indigenen Völker? Den Vereinten Nationen zufolge sind dies "Indigene Gemeinschaften, Völker und Nationen, die eine historische Kontinuität mit den Gesellschaften aufweisen, die vor der Invasion und Kolonisierung auf ihren Territorien entstanden und sich von anderen gesellschaftlichen Strukturen, die heute in diesen Gebieten oder Teilen davon dominieren, abgrenzen. Sie bilden heute keinen vorherrschenden Teil der Gesellschaft und sind bestrebt, ihre angestammten Gebiete und ethnische Identität als Grundlage für ihren Fortbestand als Völker zu bewahren, zu entwickeln und an künftige Generationen weiterzugeben, und zwar im Einklang mit den eigenen kulturellen Traditionen, sozialen Einrichtungen und Rechtssystemen" (United Nations). Im Kontext dieses Beitrags definieren wir sie als Völker mit eigener Geschichte, Zeitvorstellungen, Territorien, Sprachen und Weltsichten, die sie einzigartig machen. Zudem teilen sie die Erfahrung, kolonisiert worden zu sein.
Kosmovision
Kosmovisionen sind eine Vielzahl von Weltanschauungen, die mit der Natur, der Ökologie und dem Kosmos in Verbindung stehen und außerdem lebendiges indigenes Wissens und Formen der Wissensproduktion umfassen.
kuxaan suum
Die Ältesten unter unseren Großeltern lehrten uns, dass es drei Seile gibt: eines, das am Himmel leuchtet, eines, das sich entlang des Horizonts des Mayab erstreckt, und ein drittes, das unter Mutter Erde verläuft.
Maiz
Für die Maya-Gemeinschaften, die sich selbst als "Volk des Maíz" bezeichnen, ist Mais nicht nur ein Grundnahrungsmittel, sondern auch ein zentrales Element des täglichen Lebens, der Kultur und der Kosmologie geblieben. Die Domestizierung von Mais aus dem Teocintle (Zea mays, ssp. parviglumis), seinem direktesten wilden Vorfahren, reicht etwa 10 000 Jahre zurück. Indigene Familien bauen seit 350 Generationen ununterbrochen Mais an. Derzeit gibt es im heutigen Mexiko mehr als 300 Sorten, die von 64 einheimischen Maissorten abstammen und an unterschiedliche Landschaften und Ökosysteme angepasst sind. Als Hüter*innen des Saatguts organisieren sich indigene Völker, Bäuer*innen und NGOs, um dieses biokulturelle Erbe und ihre Ernährungssouveränität vor Privatisierung, Kommerzialisierung und der Einführung von gentechnisch verändertem Saatgut zu schützen.
Milpa
Die Milpa ist ein Jahrtausende altes Anbausystem, das in ganz Mesoamerika verwendet wird. Angepflanzt werden die 3 Schwestern, Mais, Bohnen und Kürbisse, sowie weitere Kulturpflanzen wie Avocados, Melonen, Tomaten, Chillies usw. Die Pflanzen ergänzen sich ökologosch und in Bezug auf ihren Nährstoiffbedarf. Im Milpa-System wird in der Regel eine gerodete Fläche für einen bestimmten Zeitraum bewirtschaftet und dann brachfallen gelassen. Die Milpa ist nicht nur ein landwirtschaftliches System, sondern beinhaltet komplexe Beziehungen zwischen Bäuer*innen, Pflanzen, dem Land, der Familie und Gemineschaft sowie der Kosmologie.
Solar Maya
Bei dem Solar Maya handelt es sich um eine 250 bis 1000 Quadratmeter großen Fläche, die das Haus der Familie so wie unterschiedliche Elemente der Selbstversorgung, wie einen Gemüse- und Heilpflanzengarten und Ställe für die Tiere beinhaltet. Als eine Art Mikrokosmos der Maya-Gesellschaft, ist das Solar auch der Ort, an dem sich komplexe Beziehungen mit der Natur, mit der Gemeinschaft und mit der Kosmologie entspinnen. Er ist tief mit der Idee des Territoriums verbunden. Durch staatlich geförderte Programme der „Modernisierung“ und „Urbanisierung“ wurden traditionelle Lebensweisen, Bauformen und Selbstversorgungspraktiken teilweise verdrängt. Vor diesem Hintergrund ist das Solar heute auch eine Form der Wiederaneignung regenerativer Beziehungen zur Umwelt und der Verteidigung der Kultur, Sprache, Lebensweise, Ernährungssouveränität und des Territoriums vieler Maya-Gemeinschaften.
Territorium
Das Territorium ist nicht einfach nur ein physischer Raum. Dort entspringen auch die Beziehungen zwischen den Menschen und der Umwelt. Dort finden sich auch Geschichte, Erinnerung und Kultur sowie die Wurzeln und die Spiritualität, die die Weltsicht einer jeden Bevölkerungsgruppe prägen. Das Territorium ist der Ort, an dem individuelle und kollektive Identitäten geschaffen werden. Die Verteidigung des Territoriums bedeutet daher auch die Verteidigung der Lebensformen, die es bewohnen.
Teresa Pérez González, Defending the body-earth territory: an alternative for social movements in resistance, 2016 (Link); Übersetzung: Spore Initiative
tunkul
Ein prähispanisches Perkussionsinstrument.