Das Ergebnis dieser Gespräche waren zwei fünftägige Workshops, die die Künstler in Zusammenarbeit mit der Spore Initiative in ihren jeweiligen Gemeinden in Ganjad und Yucatan konzipierten, organisierten und durchführten.


Der Workshop in Dzan, Yucatán, fand vom 14. bis 18. November 2022 statt, der Workshop in Ganjad vom 6. bis 11. November 2022.

Ko’ox Boom (Vamos a pintar) - mit José Chi Dzul

Der fünf-tägige Workshop mit einer Gruppe von 10 Kindern zwischen 11 und 14 Jahren fand in Dzan, Yucatán statt. Gemeinsam mit anderen Beitragenden führte José Chi Dzul die Kinder in die Herstellung und Verwendung verschiedener Naturpigmente, z.B. von Samen, Pflanzen, Bienenwaben oder Erde ein.

Der Workshop gab den Kindern die Möglichkeit, mit verschiedenen Prozessen, Materialien und Werkzeugen zu experimentieren, die – im Gegensatz zu industriellen Produkten – Teil ihrer natürlichen Umgebung sind, und zudem oft mit alltäglichen, manchmal auch  jahrtausendealten Praktiken in Verbindung stehen. K'aankab zum Beispiel, eine rote Erde, die auch zum Bau von Maya-Häusern (unter Anwendung der Bautechnik pak'lu'um) verwendet wird; oder Sascab, ein grokörniger Sand, der aus Kalksteinbrüchen gewonnen wird, und auch zum Bau der Sacbés verwendet wurde,  den sogenannten weißen Wegen, die in prekolonialer Zeit die großen Maya-Städte miteinander verbanden. Andere Materialien wie Holzkohle sind eng mit dem Herd und der Küche verknüpft, einem Ort der familiären Begegnungen, der Gemeinschaft und des Geschichtenerzählens.

Germán Pech Echeverría

Ein wichtiger Aspekt des Workshops bestand auch darin, den Kindern einen kreativen und spielerischen Zugang zu ihrer natürlichen Umgebung, der biologischen Vielfalt Yucatáns und ihrer Bedeutung zu  eröffnen, und Raum für Reflexion über Umweltkrisen und den Schutz der Natur zu schaffen.   So schuf zum Beispiel der Künstler Reyes Maldonados zusammen mit den Kindern kleine Skulpturen aus Plastik-Abfällen, die sie zuvor gemeinsam gesammelt hatten, und thematisierte damit das Problem der Umweltverschmutzung in Yucatan und den Einfluss des Menschen auf die Natur. Bei einem Besuch des Meliponazüchter*innen-Kollektivs Flor de Cera lernten die Kinder die Meliponabiene, die Tradition der Bienenzucht und Bedeutung der Biene und ihrer Produkte, wie Honig, Pollen und Wachs kennen. José Chi zeigte hier auch wie Wax als Bindemittel für Farben verwendet werden kann.

Dieser Text basiert auf der Beschreibung des Workshops von Germán Pech Echeverría und Gesprächen mit José Chi Dzul. Teil des Workshops waren auch: Künstler und Kulturmanager Reyes Maldonado und Yeimi Pérez vom Meliponicultura-Kollektiv Flor de Cera.

 

पुनर्जन्म Punarjanma - mit Mayur and Tushar Vayeda

Der fünftägige Warli-Workshop mit Mayur und Tushar Vayeda sowie zwölf Teilnehmer*innen brachte junge Kunstschaffende lokaler Warli-Gemeinden zusammen, um sich gemeinsam mit Ältesten, Forscher*innen und anderen Umwelt-Hüter*innen über die Vergangenheit, die aktuelle Situation und mögliche Perspektiven dieser jahrhundertealten Kunstform auszutauschen.

Rajesh Vangad (Ältester und Warli-Künstler) und Shantaram Gorkhana (Ältester, Warli-Künstler und Schamane) berichteten von ihrer Reise als Warli-Maler, ihrer Entwicklung als Künstler und als Mitglieder ihrer Gemeinschaft, und erzählten über den Wandel der Umgebung, der Materialien, Techniken und Geschichten, den sie beobachtet und miterlebt haben. Shantaram gab auch einen Einblick in seine Praxis als Schamane und ihre enge Beziehung zum Geschichtenerzählen der Warli.

Vikas Bongya

Warli, hat ihren Ursprung in Maharashtra, und wird noch heute als eine der ältesten Indigenen Kunstformen praktiziert. Die meisten Warli-Bräuche und -Traditionen sind eng mit der Mutter Natur verbunden. Ihr Name stammt denn auch von dem Wort waral - "ein Stück bebautes Land".

Der Workshop gab eine Einführung in einen der zentralen Aspekte dieser Kunstform -  dem Geschichtenerzählen, über die das aktuelle soziale, kulturelle und spirituelle Leben der lokalen Gemeinschaft darstellt. In einem lockeren rhythmischen Muster werden Bilder von Menschen und Tieren, Festen, Jahreszeiten und Alltagsszenen geschaffen, die die Vielfalt des Lebens in all seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen verbildlichen. Da viele lokale Formen des Wissens nicht verschriftlicht sondern mündlich dokumentiert werden, kann Warli auch als eine wichtige Form des Erhalts und der Weitergabe von Wissen, Erlebnissen, Prakitken und sozial-politischen sowie ökologischen Erfahrungen verstanden werden.

Vikas Bongya

Der Workshop befasste sich auch mit den aktuellen Herausforderungen, die sich aus den heutugen Marktbedingungen ergeben, denn die Bedeutung der Kunst hat sich durch ihre exzessive Kommerzialisierung verändert. Früher galt sie als eine soziale und spirituelle Tradition, und war ein Ritual des tägliche Leben, hauptsächlich praktiziert von Frauen. Heute ist sie auch eine Quelle des Lebensunterhalts, der individuellen Kreativität und ein Symbol für ein kulturelles und künstlerisches Selbstbewusstsein.

Die Warli-Malerei wird seit den 1970er Jahren auf Papier und Leinwand übertragen. Von den Lehmwänden der Gemeinschaftshäuser wanderte die Kunstform auf einen neuen Hintergrund aus Papier und Stoff, was insbesondere im Zusammenhang mit dem weltweiten Vertrieb und einem kommerziellen Interesse steht. Entsprechend änderten sich auch die Materialien von Reispaste und Bambusstift zu Plakatfarbe und Pinsel.

 

Ganjad - Farbe aus Kuhdung und Erde
Vikas Bongya
Ganjad - Urmila Vayeda arbeitet an ihrem Kunstwerk
Vikas Bongya
Yucatán - Kohlezeichnungen
Germán Pech Echeverría
Yucatán - mit Naturpigmenten und Plastikabfällen experimentieren
Germán Pech Echeverría
Yucatán - Rote Erde zum Malen
Germán Pech Echeverría

Mitwirkende

Vikas Bongya , Srushti Bongya , José Chi Dzul , None Children from Dzan, Yucatán , None Flor de Cera , Shantaram Gorkhana , Reyes Maldonado , Germán Pech Echeverría , Yeimi Pérez , Ashwini Sutar , Vishal Vangad , Rajesh Vangad , Urmila Vayeda , Mayur & Tashur Vayeda